Viel Neues in Al-’Ula – Eine Reise nach Saudi-Arabien
Mit Saudia Airlines in eine unbekannte Welt
Das Abenteuer beginnt direkt nach dem Boarding in Amsterdam. Der Flug mit der saudischen Airline Saudia ist eine Reise von gut fünf Stunden, und der Aufbruch in eine unbekannte Welt.
Die Sitzplätze der Boeing, auf deren Leitwerk zwei gekreuzte Säbel unter einer Palme unser Ziel vorwegnehmen, sind nahezu alle mit arabischstämmigen Pilgerreisenden auf dem Weg nach Mekka besetzt.
Doch mein Ziel ist weit unbekannter. Ich möchte nach Al-’Ula, eine Region im Nordwesten des Königreichs Saudi-Arabien.
Ein Traum aus 1001 Nacht
Al-’Ula ist eine Oase im nordwestlichen Saudi-Arabien, liegt etwa 700 Kilometer nördlich von Dschidda und 1.000 Kilometer von Riad entfernt. 30.000 Menschen leben hier an der Weihrauchstraße – in einer Stadt, die von über zwei Millionen Dattelpalmen gesäumt ist.
Der Norden Saudi-Arabiens ist einer der letzten weißen Flecken auf der touristischen Weltkarte. Seit gut zwei Jahren öffnet sich die Region dem Tourismus – behutsam, aber konsequent. Wer sich auf diese Reise begibt, kann eine wirklich aufregende Luxusdestination entdecken.
Bei der Ankunft am Internationalen Airport Al-’Ula riecht es nach Putzmittel, Alpenfrische, wenn ich tippen müsste – ein Hauch Europa im Nahen Osten. Die Laufwege sind überraschend kurz, und doch dreht mein Gepäck bereits seine Runden, als ich am Band ankomme. Hinter der gläsernen Airport-Tür wartet ein breites Lächeln. Es gehört zu Sultan, meinem Fahrer für die kommenden 48 Stunden.
Naturschatz Al-’Ula
Noch bevor ich in mein Hotel Habitas Al-’Ula einchecke, nutze ich die Nachmittagssonne zu einem Abstecher auf den nahe gelegenen Lavaberg. Nach einer halben Stunde Fahrt durch die Wüstenlandschaft – inklusive der ersten Kamelherde am Wegesrand – erreiche ich mein Ziel. Von diesem Aussichtspunkt öffnet sich der Blick ins Tal auf die grüne Oase Al-’Ula Town.
Wie eine gewaltige grüne Schlange zieht sich die Oase durch die Felslandschaft. Die Luft ist klar, trocken, und hier oben auf dem Berg weht ein kühler Wind. Ich halte kurz inne.
Die gesamte Region Al-’Ula gilt als Naturschatz. Besonders beeindruckend sind die monumentalen Felsformationen, aus denen sich nach Tausenden von Jahren durch Wind und Wettererosion bizarre Sandsteinlandschaften gebildet haben. Sie lassen meine Vorfreude auf die kommenden Tage steigen. Mein Wunsch, dieses Land, seine Kultur und die Menschen kennenzulernen, scheint mir von hier oben – mit dem Blick in die Ferne – besonders nah.
Unterhalb des Restaurants, das scheinbar griechische Küche anbietet, stehen drei fest montierte Teleskope. Sie sind für die Entdeckung des arabischen Sternenhimmels, doch die Lichtverschmutzung an diesem Ort ist angeblich so niedrig, dass es auch mit bloßen Augen viel Außerirdisches zu sehen gibt.
Luxus für die Seele im Habitas Al-’Ula
Nächster Stopp ist mein Hotel für die kommende Zeit: das Habitas Al-’Ula. Die 2014 gegründete Hotelgruppe hat sich den Slogan „Luxury for Soul“ gegeben und betreibt Resorts an Sehnsuchtsorten: Tulum, Namibia, Bacalar und nun seit 2021 hier in Al-’Ula.
Das Haus liegt in einem Wüstental, einer Art Canyon, umsäumt von Felsen, die wie Pilze im Wüstensand thronen, und bietet 96 auf Villen verteilte Zimmer. Die Lobby gleicht einem Wohnzimmer mit Beduinenzelteinrichtung: niedrige Holztische, tiefe Sessel und Sofas, Weihrauchduft sorgt für Orient-Atmosphäre.
Wüste, Kunst und nachhaltiger Luxus
Camel, der Hoteldirektor, bringt mich mit einem E-Caddy zu meinem Bungalow. An exponierten Stellen sind Kunstinstallationen des letzten Desert X-Projekts, einer Art Biennale in Al-’Ula, zu sehen. Sie fügen sich scheinbar schwerelos in die Wüstenlandschaft ein.
Habitas Al-’Ula ermöglicht seinen Gästen – zumindest teilweise – einen nachhaltigen Luxus. So wird die Anlage mit emissionsfreien Caddys und E-Bikes befahren und ist plastikfrei. Die Bungalows folgen dem Einrichtungsstil der Lobby. Hier lässt es sich mit der gut gefüllten, wenn auch komplett alkoholfreien Minibar prima aushalten.
Nach einem Spaziergang durch die Anlage lasse ich mich auf einer gewaltigen Schaukel nieder und genieße die letzten Strahlen der untergehenden Sonne. Die Dunkelheit legt sich schützend wie eine Decke über das Tal.
Beim Dinner im resorteigenen Restaurant Tama bestelle ich etwas Einheimisches. Das Kokosnuss- Shrimp-Gericht duftet nach Safran und orientalischen Gewürzen, Hummus und ein tiefroter Granatapfel-Mocktail, ein Cocktail ohne Alkohol, komplettieren das kulinarische Erlebnis.
Weltkulturerbestätte Hegra
Die Sonne weckt mich um sechs Uhr in der Früh. Mein Fahrer Sultan erwartet mich bereits vor dem Resort zur Abfahrt in die antike Stadt Hegra. Sie ist nur 22 Kilometer von Al-’Ula entfernt. Ich weiß nicht genau, was ich erwartet habe, aber die antike Stadt Hegra, Saudi-Arabiens erste Weltkulturerbestätte, ist beeindruckend. Sie soll im 1. Jahrhundert n. Chr. errichtet worden sein.
Das über 22 000 Quadratkilometer große Areal wurde von den Nabatäern, einem nordwestarabischen Beduinenvolk, errichtet. 111 Krieger wurden hier begraben. Der Weg zu den Grabstätten führt über kunstvoll verzierte Eingänge, die in die Felsen geschlagen wurden und nun stumme Zeugen einer längst vergangenen Kultur sind.
Wie überall in Al-’Ula muss man sich auch hier vorab online anmelden. Ich habe mich für eine Jeep-Tour entschieden. Bei jedem Stopp erwartet mich ein Rāwī – arabisch für Geschichtenerzähler – und erklärt die Stadt.
Spiegelwald Maraya
Am Abend besuche ich das Maraya. Maraya – arabisch für Spiegel – ist mit einer 9740 Quadratmeter umfassenden Fassade das größte spiegelverkleidete Gebäude der Welt. Dieser Quader, Konzerthaus, Museum, Eventcenter und Restaurant in einem, fügt sich mühelos in die Landschaft des Ashar-Tals ein.
Das Museum für zeitgenössische Kunst zeigt gerade Bilder, Fotos, Installationen von jungen, ausschließlich arabischen Künstlerinnen. Sie setzen sich kritisch und reflektiert mit Themen des saudischen Alltags auseinander, die von Glauben über Umwelt bis zur Rolle der Familie reichen. Leider ist kein Konzert in der ebenfalls integrierten Konzerthalle während meines Aufenthalts geplant.
Für das Dinner habe ich das Maraya Social gebucht. Im Fine Dining Restaurant auf der Dachterrasse kocht Sternekoch Jason Atherton. Auf der Speisekarte stehen überwiegend internationale Gerichte. Ich entscheide mich für Ceviche aus Jakobsmuscheln, Avocado und Gemüse.
Al-’Ulas grüne Oase
Am nächsten Tag will ich noch einen Spaziergang durch die „alte Oase“, das Herzstück des ursprünglichen Al-’Ula, machen. Es offenbart sich überraschend ursprünglich. Die Dattelpalmen ziehen sich in langen Reihen durch den unebenen Lehmboden. Unterhalb der Palmen wachsen Orangenbäume – die Luft duftet nach feuchter Erde. Teile der Oase sind an Farmer verpachtet, die die Früchte ernten.
Ich treffe auf eine Gruppe Bauern, die mir Pfefferminztee anbieten. Wir hocken im Gras, schlürfen den starken Tee mit viel Zucker und kommunizieren lächelnd und kopfnickend. Wenige Augenblicke später stehe ich wieder am Flughafen, und es riecht nach Alpenfrische – Europa hat mich fast zurück. Schon vorbei? Die letzten 48 Stunden fühlten sich an wie ein Traum aus 1001 Nacht.