Diese Chalets bringen Luxus nach Alaska

Alaska ist ein Traum für Heliski-Fans. Dank neuer Lodges wie dem Eagle’s Nest und dem Sheldon Chalet finden anspruchsvolle Wintersportler dort nun erstmals Luxus-Unterkünfte.
Text Jen Murphy
Besessen von Pulverschnee: Heliski-Legende Greg Harms bezeichnete seine Kunden auch als „Crackheads“.

Es heißt, wer einmal in Alaska Ski fährt, ist danach für jede andere Wintersport-Destination verloren. Unfassbare Weiten, gewaltige Berge, steile Abfahrten über unberührte Hänge, die bisweilen nur mit dem Heli erreichbar sind: Die Bedingungen, die Ski- und Snowboardenthusiasten im Norden der USA vorfinden, kann man ohne Übertreibung ideal nennen. Doch für den Komfort abseits der Pisten gilt leider das Gegenteil. Hotels haben oft den Charme einer Jugendherberge, und in vielen Orten ist das beste Restaurant am Platz die Sportsbar. Wer allerdings neben dem Pistenspektakel auch nur einen Hauch von Luxus wünscht, der blieb bisher beim Bewährten und fuhr in die Alpen.

Alaska ist beliebt bei Extrem-Skifahrern

Mit dem Helikopter vor die Haustür: Eagle’s Nest ist das exklusive Basislager von Third Edge Heli.

Doch jetzt entwickelt sich auch Alaska zur Destination für Gäste mit hohen Ansprüchen: Mehrere exklusive Lodges sind geplant, zwei wurden schon eröffnet. Am Fuß des Denali, Nordamerikas höchstem Berg, empfängt Sheldon Chalet bereits seine Besucher. Und bei Wasilla, einem Städtchen im Süden Alaskas, dient Eagle’s Nest als Basislager für Heliski-Touren. Beide bieten Boutique-Standard auf dem Niveau exklusiver Hotels in den Alpen, erschließen dabei aber eine wild-spektakuläre Bergwelt, wie es sie in Europa nirgendwo gibt. Eagle’s Nest wird vom Heliski-Anbieter Third Edge Heli betrieben. Die Touren des Unternehmens sind dafür bekannt, dass sie maximale Adrenalinschübe auslösen. Vielleicht störten sich seine Kunden deshalb bisher kaum an den einfachen, rustikalen Berghütten, in denen sie früher untergebracht wurden. Greg Harms, der Gründer von Third Edge, bezeichnete die Menschen, die bei ihm buchten, gern scherzhaft als „Crackheads“: Sie seien wie besessen davon, auf Brettern ihre Linien durch möglichst reines, weißes Pulver zu ziehen. Dafür würden sie zur Not wohl auch in einem Iglu übernachten.

Harms starb 2021 bei einem Helikopterunfall, doch unter Alaskas Abenteurern und Tiefschneefans lebt er als Legende weiter. Seine Persönlichkeit sei geradezu magnetisch gewesen, sagen sie, sein Körperbau (1,95 Meter groß, 102 Kilo schwer) wie gemacht für die raue Wildnis Alaskas. 2003 hatte Harms begonnen, eigene Heliski-Touren anzubieten. Schnell avancierte er zu einem der gefragtesten Heliski-Experten der Welt. Bereits kurz nachdem er Third Edge gegründet hatte, führte er eine lange Warteliste von Kunden, die unter seiner Führung die raue Bergwelt Nordamerikas, Südamerikas oder Islands erobern wollten. Alaska jedoch galt auch unter den Kunden von Third Edge als Heiliger Gral, als ultimative Destination. Kein Wunder: Nirgendwo sonst gibt es derart perfekte Voraussetzungen für extreme Skitouren wie im 49. Staat der USA. 

Eagle's Nest ist von Wildtierreservat umgeben

Luxus trifft Wildnis: Von der Sauna im Eagle's Nest blickt man in Alaskas Winterlandschaft.

Mit seinem magisch-maritimen Schnee, der von den Küsten her auf extragroße Berge und supersteile Hänge weht. Das neue Eagle’s Nest ist auch eine Hommage an Greg Harms: An den Wänden hängen Fotos, die ihn bei rasanten Abfahrten auf gefährlichen Graten zeigen. Kissen mit seinem Lieblingsspruch („Fuck, yeah“) liegen überall im Haus herum. Nach Harms’ Tod übernahmen zwei seiner früheren Führer, Brad Cosgrove und Jeff Hoke, das Geschäft. Ursprünglich wollten sie Third Edge einfach weiterführen wie gehabt. Doch einer der Kunden, den sie von Harms übernommen hatten, wollte nicht mehr in rustikalen Skihütten übernachten: „Meint ihr nicht, dass es an der Zeit ist, ein neues Kapitel aufzuschlagen und endlich eine eigene Lodge aufzumachen?“, fragte der Mann. Und fügte hinzu, dass er auch bereit sei, so ein luxuriöses Basislager zu finanzieren. Ein Jahr lang suchten die Partner nach einem geeigneten Objekt, 2022 empfingen sie ihre ersten Gäste.

Mit dem Eagle’s Nest ermöglicht Third Edge nun Heliski-Touren, die es bisher so in Alaska nicht gab. Schon weil sich die Lodge für alaskische Verhältnisse erstaunlich leicht erreichen lässt, denn sonst sind die Wege dort oft ermüdend weit. Das Eagle’s Nest aber ist nur eine Autostunde (oder zehn Minuten mit dem Helikopter) vom Flughafen in Anchorage entfernt. Es liegt in einer Wohngegend bei Wasilla, gleichzeitig aber auch am Rand eines 8000 Hektar großen, geschützten Wildtierreservats. Elche, Adler, Kraniche und Kojoten lassen sich immer wieder mal im Garten blicken. Die Lodge wird in der Regel komplett vermietet, bietet also maximale Privatsphäre. Abends genießen Gäste das Feuer im Kamin und die Cocktails aus der mit Gletschereis bestückten Bar. Im Wohnzimmer begutachten sie dann von bequemen Sofas und Sitzsäcken aus das Videomaterial, das der Drohnenpilot früher am Tag aufgezeichnet hat.

Third Edge bietet geführte Heliski-Touren an

Die Gletscher von Alaska bieten die idealen Voraussetzungen für Heliski-Touren.

Das Interior der Lodge ist von subtilen Farben und modernen Lichtinstallationen geprägt, setzt also einen klaren Kontrast zu den rustikalen Holzhütten, mit denen sich Alaska-Besucher ansonsten begnügen müssen. Jedes der sechs Schlafzimmer verfügt über ein privates Bad, dazu hat das Eagle’s Nest einen eigenen Massageraum, einen Whirlpool, ein Eisbecken und eine Sauna mit weitläufiger Terrasse und Blick auf die Chugach-Berge. „Fuck, yeah“, würde Harms wohl sagen, wenn er sehen könnte, was seine Leute hier geschaffen haben. Auch weil Cosgrove und Hoke dank einer geschickt gewählten Lage konkurrenzlose Heliski-Bedingungen anbieten können. Die meisten Heliski-Unternehmen in Alaska haben nur Zugang zu einer einzigen Gebirgsregion. Die Tage, an denen wegen schlechten Wetters nicht geflogen werden kann, sind deshalb oft eher die Regel als die Ausnahme. 

Vom Eagle’s Nest dagegen lassen sich gleich fünf verschiedene Gebirgszüge per Helikopter erreichen, tourenlose Tage erlebt man deshalb selten. Im April, wenn die Sonne schon wieder bis spät am Abend am Himmel steht, können Third-Edge-Gäste manchmal an einem Tag auf bis zu drei Gebirgszügen abfahren. Stammkunden des Unternehmens schwärmen vom sechsten Sinn, mit dem es Greg Harms früher gelungen sei, seine Gäste perfekt zu „lesen“, und sie dann zu persönlichen Höchstleistungen zu motivieren. „Ich war wie süchtig danach“, erzählt Frank A. Baer III., ein selbst ernannter „Crackhead“. Die heutigen Führer bei Third Edge hätten diesen Instinkt von Harms geerbt, sagt Baer: „So wie andere Menschen Kunst oder Autos sammeln, sammle ich Skiführer. Und jeder, der von Greg geprüft wurde, ist es wert, in meine Sammlung aufgenommen zu werden. Ohne Leute wie Brad und Jeff könnte ich niemals unter solchen extremen Bedingungen Ski fahren.“

Sheldon Chalet liegt an einem Gletscher

Das sechseckige Gebäude des Sheldon Chalet steht in einem spektakulären Gletscher-Amphitheater. 

Baer erlebt man bei seinem Aufenthalt im Eagle’s Nest als unermüdlichen Akteur, so wie alle anderen Gäste auch. Nach dem Frühstück in der Lodge (zum Beispiel Rentierwurst-Scones oder Quesadillas) gehen sie direkt zum Heli und fliegen gleich auf ihren ersten Berg des Tages. An manchen Tagen sind bis zu 17 Abfahrten drin, das Mittagessen gibt es zwischendurch als Picknick in der Wildnis. Abends serviert die offene Küche der Lodge Filet Mignon oder Königskrabbenbeine. „Das hier ist bestimmt nichts für die Massen, denn es wird ein absolutes Nischenpublikum bedient“, sagt Baer. Dabei kann man es im Eagle’s Nest auch durchaus entspannter angehen lassen. So wie jene Gäste, die nur vormittags Ski fahren. Sie lassen sich anschließend für einen Spa-Nachmittag in das wunderbare Alyeska Resort fliegen oder zum Mittagessen ins Sheldon Chalet.

Bei Letzterem handelt es sich um die zweite exklusive Lodge, die Alaska zu bieten hat. Wie das Eagle’s Nest erinnert auch sie an eine alaskische Legende: Der Pilot Don Sheldon war ein Pionier für Gletscherlandungen und ein Experte für Rettungsaktionen am höchsten Berg Nordamerikas, dem Denali. Ab Ende der 1960er-Jahre empfing er Skifahrer in einer bescheidenen Hütte am Denali. Das mit rund 20 Quadratmetern winzige Häuschen war damals mehr als einen Monat im Voraus ausgebucht. Unter einfachsten Bedingungen (Campingkocher, Plumpsklo) steigen hier noch heute Skifahrer ab. Abenteurer mit höheren Ansprüchen haben jetzt aber auch die Möglichkeit, im benachbarten Sheldon Chalet zu logieren. Das zweigeschossige Gebäude ist wie die ursprüngliche Hütte als Sechseck angelegt; eine Form, die den rauen Winden der Gegend besonders gut standhält.

Interior erinnert an exklusive Alpenchalets

Erinnert an exklusive Alpenchalets in Europa: Das Interior des Sheldon Chalet in Alaska.

Don Sheldon starb 1975 an Krebs, das 200 Quadratmeter große Chalet wurde von seinen Kindern und Enkelkindern erbaut. Der Name verspricht nicht zu viel, das Interior erinnert hier tatsächlich an exklusive Alpenchalets. In jedem der fünf Schlafzimmer steht ein Kingsizebett, die Fenster geben weite Blicke auf den Gletscher frei. An den Wänden hängen Fotos von Don Sheldon, über den auch die Bücher in den Regalen des Wohnzimmers berichten. Das Chalet hat auch eine offene Küche, die zwischen den Mahlzeiten Snacks wie Alaskalachs-Jerky bereitstellt – das ist der feine Luxus am Ende der Welt. Schon der 30-minütige Transfer von Talkeetna beeindruckt die Gäste. Zunächst fliegt der Heli über gefrorene Taiga und türkis glitzernde Gletscherseen. Dann nähert er sich den massiven, eineinhalb Kilometer hohen Granitmauern der Great-Gorge-Schlucht, dreht mehrere Schleifen und schießt schließlich regelrecht durch die Wolkendecke. Jetzt öffnet sich der Blick auf das Chalet, das wie ein alpiner Leuchtturm am Kopf des rund 55 Kilometer langen Ruth-Gletschers steht.

Concierge Elise MacMillan wartet am Helipad mit Taittinger-Champagner und geleitet ihre Gäste in die Lodge. Das Sheldon Chalet bietet weder Mobilfunkempfang noch WLAN, dafür aber wunderbare Panoramablicke auf ein 90 Quadratkilometer großes Gletscher-Amphitheater und nachts ein wahrhaft psychedelisches Nordlicht-Spektakel am Himmel. Als das Chalet im Jahr 2018 eröffnete, waren das die Attraktionen, mit denen sich seine ersten Gäste zufriedengeben mussten. Seit 2021 lädt Sheldon Chalet nun auch zu geführten Skitouren ins Backcountry. Bevor es losgeht, versichern sich Guides wie Turrell Moore, dass alle Tourteilnehmer mit den Tücken der Eis- und Schneelandschaft vertraut sind. „Gletscher werden von Rissen durchzogen, den Gletscherspalten“, sagt Moore. „Was an der Oberfläche wie ein kleiner, harmloser Riss aussieht, kann tatsächlich ein gefährlicher Abgrund sein, Hunderte Meter tief.“ Moore erkundet das Terrain täglich und notiert dabei detailliert, wie sich bestehende Gletscherspalten entwickeln und wo sich vielleicht neue auftun.

Frischer Pulverschnee und unberührte Grate

Hinter dem Sheldon Chalet erhebt sich der Denali, der höchste Berg Nordamerikas.

Doch der Gletscher ist ständig in Bewegung. Mit Seilen, Klettergeschirr und Karabinern sorgen Moore und ihre Kollegen deshalb für zusätzliche Sicherheit: Wenn doch mal jemand durchs Eis bricht, kann der Sturz so von den anderen abgefangen werden. Auf Splitboards –also Snowboards, die sich fürs Tourengehen in zwei separate Ski teilen lassen– stapfen die Gäste dann den Gletscher hinauf. An den Ski sorgen Stoffstreifen, sogenannte Skins, für Halt. Nach 30 Minuten in rund 2100 Meter Höhe angekommen, nimmt man die Skins von den Ski, setzt sie wieder als Snowboard zusammen und genießt eine fünfminütige Abfahrt durch den frischen Pulverschnee. Die Gegend am Sheldon Chalet bietet genug unberührte Grate und Rinnen, um eine Woche lang täglich neue zu erkunden. Manche Anstiege sind zu steil, um sie mit Ski zu besteigen. Wer hier hochwill, muss abschnallen und wandern, wird für die Anstrengung dann allerdings durch eine herrliche Abfahrt belohnt. 

Nach ihren Vormittagen auf dem Gletscher kehren die Gäste wohlig erschöpft ins Chalet zurück und entspannen in der Sauna mit Gletscherblick. Küchenchef Dave Thorne serviert später Bio-Maissuppe, geräucherte Kodiak-Jakobsmuscheln und Blutorange mit Thai-Basilikum. An anderen Tagen gibt es Königskrabbe, Austern aus der Simpson Bay und Garnelen aus dem Prince William Sound. Abends laden Turrell Moore und ihr Kollege Sean Johnson noch zum Schlittenfahren. Der Rodelhügel liegt unterhalb des Hauses an einer Flugzeuglandebahn, die das Personal des Chalets manchmal von Hand freischaufeln muss. Fast scheint es hier, als schwebe man zwischen den Gipfeln. Die Szenerie erinnert an alpine Touren, an Wanderungen von Hütte zu Hütte.

Weitere Luxus-Lodges in Alaska in Planung

Mit dem Sheldon Chalet und dem Eagle’s Nest gibt es in Alaska nun also schon zwei Lodges, die gehobenen alpinen Komfort bieten. Weitere Häuser sollen bald folgen, entwickelt unter anderem vom Anbieter Eleven Experience. Wer als luxusbewusster Wintersportler bisher einen Bogen um Alaska machte, hatte guten Grund dazu. Doch wer auch nächsten Winter wieder einfach nur in die Alpen fährt, verpasst ein exklusives Erlebnis, das es sonst nirgendwo auf diesem Planeten gibt – versprochen.