Donald Schneider: „Klassischen Luxus gibt es nicht mehr“
Kreativdirektor und Elho-Chef Donald Schneider im Interview
Eigentlich wollte Donald Schneider Archäologe werden. Weil ihm das Studium zu lange dauerte, entschied sich der gebürtige Schweizer schließlich, an die Zürcher Hochschule der Künste zu gehen und Grafikdesign zu studieren. Er entwarf Werbekampagnen für Luxusmarken wie Chloé und war als Art Director für die französische Vogue tätig. Später zog es ihn als Global Creative Director zu H&M, wo er Karl Lagerfeld überzeugte, eine Kollektion für die schwedische Modekette zu entwerfen. Es war die Geburtsstunde der Kollaborationen – und Schneider der Erfinder ihres Hypes. Seit 2002 führt der Kommunikationsexperte eine eigene Kreativagentur und erwarb vor einiger Zeit die weltweiten Markenrechte an Elho, die er heute Elho Freestyle nennt. Wieso seine Wahl ausgerechnet auf eine deutsche Skiwear-Brand fiel und was eine Luxusmarke heute braucht, um erfolgreich zu sein, erzählt der 64-Jährige im Interview.
Herr Schneider, Ihre Arbeit ist geprägt von Gegensätzen: Sie brachten Karl Lagerfeld zu H&M und Kendall Jenner zu About You. Was fasziniert Sie an ungleichen Paaren?
In der Modebranche springen alle auf dieselben Trends auf. Ich finde es spannender, Verbindungen zu suchen, die nicht so naheliegend sind. Ich liebe die Herausforderung: Mich spornt es an, wenn jemand sagt, dass etwas nicht geht und ich überrede Menschen gerne dazu, etwas auszuprobieren, was sie noch nie gemacht haben.
Sie haben einen Luxusdesigner überzeugt, für einen Mainstream-Modehändler zu entwerfen. Welches Verständnis haben Sie von Luxus?
Luxus hat in den letzten 30 Jahren eine Transformation erlebt und wurde stark demokratisiert. Den klassischen Luxus gibt es nicht mehr. Heute hat Luxus zwar immer noch mit Exzellenz und Handwerk zu tun, aber auch mit immateriellen Dingen wie Erlebnissen und damit, etwas Neues zu lernen.
Was braucht eine Luxusmarke heute, um erfolgreich zu sein?
Gerade weil in der Branche ein Demokratisierungsprozess stattgefunden hat, sollte sich eine Marke bei den Stückzahlen und Verfügbarkeiten einschränken. Wenn ein Produkt überall auf der Welt erhältlich ist, ist das kein Luxus mehr, sondern lediglich ein Massenprodukt, das teuer ist. Außerdem ist es wichtig, nah am Zeitgeist zu sein und junge Konsumenten für sich zu gewinnen, so dass das durchschnittliche Kundenalter langfristig gleich bleibt.
Vor einiger Zeit erwarben Sie die Markenrechte an Elho. Wieso fiel Ihre Wahl ausgerechnet auf eine Skimarke?
Vor sieben Jahren sollte ich als Kreativdirektor ein Thema für eine Modebeilage entwickeln. Der Athleisure-Trend war damals auf seinem Höhepunkt und viele Modemarken arbeiteten mit Sportherstellern zusammen. Mir erschien es logisch, dass Outdoor der nächste große Trend sein würde. Seither habe ich mich intensiv mit der Outdoor-Welt beschäftigt und wurde so auch auf Elho aufmerksam.
Eine Verbindung zwischen Luxus und Outdoor war damals undenkbar.
Beide Welten wollten nichts miteinander zu tun haben und es war schwierig, Samples für unser Shooting zu bekommen. Schlussendlich haben wir Louis Vuitton mit Jack Wolfskin und Balenciaga mit Mammut gestylt und so einen neuen Look kreiert. Als ich einer deutschen Outdoor-Marke anschließend eine Kollaboration mit einem Luxuslabel vorschlug, wurde ich weggeschickt. Drei Jahre später hat Gucci mit The North Face kooperiert.
Elho war in den 80er Jahren sehr erfolgreich und geriet dann in Vergessenheit. Wie belebt man eine alte Marke neu?
Indem man ihre DNA in die heutige Zeit übersetzt. Elho war für Innovation bekannt: Die Marke hat die Jethose erfunden und erstmals Skikleidung in Neonfarben angeboten. Wir wollten ebenfalls ein Design schaffen, das es bei unserer Konkurrenz nicht gibt und haben deshalb eine Performance-Bomberjacke entwickelt. Wir versuchen auch beim Material innovativ zu sein und möglichst wenig Plastik zu verwenden. Stattdessen greifen wir auf biobasierte Stoffe zurück, die vor allem aus Früchten und Pflanzen gewonnen werden. Darüber hinaus sind Kollaborationen eine großartige Möglichkeit, die öffentliche Wahrnehmung einer Marke zu verändern und neue Zielgruppen zu erreichen.
Welche Kunden möchten Sie mit Elho Freestyle ansprechen?
Wir möchten den Look, den man auf der Piste sieht, revolutionieren und richten uns an Freerider wie Andri Ragettli. Freestyle-Ski ist eine der wenigen Sportarten, bei der Athleten ihre Kleidung selbst auswählen, weil sie nicht vom Team vorgeschrieben wird. Natürlich möchten wir nicht nur Profisportler ansprechen, sondern Kunden mit einem bestimmten Mindset: Junge und junggebliebene, aktive Menschen, die einen modernen Lebensstil führen, umweltbewusst sind, Social-Media-affin und gleichzeitig etwas rebellisch. Wir nennen das die „Generation Freestyle“.
Diese Generation ist größtenteils zu jung, um Elho zu kennen. Empfinden Sie das als Vor- oder Nachteil?
Elho hat die letzten 25 Jahre nicht existiert und keinen digitalen Fußabdruck hinterlassen. Ich sehe das als Chance, weil wir die Marke neu definieren können. Wir erreichen die junge Zielgruppe durch Kanäle, die es früher nicht gab. Gleichzeitig wünschen wir uns, dass die Menschen, die Elho in den 80er Jahren gut fanden, das heute ebenfalls tun. Am Ende geht es uns nicht um ein bestimmtes Alter, sondern um ein Mindset.