Dieser Savile-Row-Schneider erobert Hollywood im Sturm
Die Savile Row blickt auf eine lange Beziehung mit der Filmindustrie zurück und hat schon unzählige Stars auf und neben der Leinwand eingekleidet. Einer der jüngeren Maßschneider der legendären Londoner Straße, Cad & The Dandy, macht spätestens seit dem Barbie-Film von sich reden. „Leider konnten wir nichts in Rosa machen, was sehr lustig gewesen wäre”, erzählt Mitbegründer James Sleater, „stattdessen fiel unsere Wahl auf Blau”. Seine Firma entwarf die marineblauen Anzüge der Schauspieler, die im Film die Führungskräfte von Mattel verkörpern. Man entschied sich für schlichte, einreihige Varianten mit spitzem Revers.
Ein Maßanzug in 72 Stunden
Wie Cad & The Dandy es nach Hollywood geschafft hat? Schauspieler, die bereits Kunden des britischen Maßschneiders waren, wurden für eine Filmproduktion gecastet und schlugen dann vor, dass ihr Schneider die Kleidung für die Figur anfertige. Was als kleiner Nebenverdienst für das Unternehmen begann, nahm schnell Fahrt auf, als Cad & The Dandy mit der Ausstattung eines späteren Teils der Men in Black-Reihe beauftragt wurde, für den Hunderte von Anzügen benötigt wurden. Der Maßschneider erwarb sich in der Branche bald den Ruf, hohe Auftragsvolumen in relativ kurzer Zeit erfüllen zu können. Sleater führt das unter anderem darauf zurück, dass seine Firma über mehrere Arbeitsräume verfügt und Hunderte von Stoffen auf Lager hat.
„Wenn jemand bei einem Film sagt: 'Könnt ihr uns in 72 Stunden einen Anzug machen?', können wir das tun", sagt Sleater. „Es ist nicht unbedingt das, was wir tun wollen, weil es sehr stressig ist, aber wir können solche Aufträge ohne viel Aufwand umsetzen, da wir über die erforderlichen Ressourcen verfügen." So war sein Team in der Lage, fast 70 Hosen für Harrison Ford zu fertigen, der den Protagonisten in Indiana Jones und das Rad des Schicksals spielte. Das soll aber nicht heißen, dass die Stärke des Unternehmens ausschließlich in der Lieferung von Quantität liegt. Durch die Zusammenarbeit mit Schauspielern und Kostümbildnern konnte Cad & The Dandy seine Schneiderkünste auf ungewöhnliche Weise unter Beweis stellen.
Kostüme für Indiana Jones und Spencer
Für den neuesten Indiana-Jones-Film musste Cad & The Dandy etwa den 2,18m großen niederländischen Bodybuilder Olivier Richters einkleiden – und dann seine Garderobe für ein Körperdouble reproduzieren, das gut einen Kopf kleiner war. Ein anderes Filmprojekt, an dem die Schneider aktuell arbeiten, spielt in einer Zeit, bevor es Elektrizität gab, so dass alle Kostüme von Hand genäht werden mussten. „Wir mussten Hemden anfertigen, bei denen jede Naht von Hand gemacht wurde, weil die Kameraaufnahmen genau dieses Detail hätte zeigen können", sagt Sleater.
Cad & The Dandy hat auch davon profitiert, dass immer mehr Produktionen - vor allem von Streaming-Diensten - in Großbritannien gedreht werden. Als besonderer Vorteil erwies sich diese Tatsache bei dem historischen Drama Spencer, in dem Kristen Stewart als Prinzessin Diana und Jack Farthing als der damalige Prinz Charles zu sehen waren. Der Chefschneider von Cad & The Dandy, Stephen Allen, hatte bei seinem früheren Arbeitgeber für den König geschneidert und hatte in seinen Archiven Schnitte der Stoffe aufbewahrt, die zur Herstellung von Charles' Gewändern verwendet wurden. „Auf diese Weise konnten wir exakte Kopien der Anzüge anfertigen, die in den 80er Jahren für Charles geschneidert wurden.”
Fokus auf eigene Konfektionskollektion
Während das Kostümgeschäft von Cad & The Dandy in letzter Zeit boomte, könnten die zahlreichen Streiks, die derzeit die Filmindustrie erschüttern, zu einer vorübergehenden Flaute führen. Das Unternehmen plant deshalb, die Herstellung seiner Konfektionskollektion voranzutreiben, damit es als erstes wieder auf den Ruf Hollywoods reagieren kann. „So haben wir mehr Flexibilität, wenn jemand kommt und sagt, wir brauchen einen, zwei, drei, vier oder 100 Anzüge für einen Film", erzählt Sleater. Und wer weiß – vielleicht darf er für die Fortsetzung von Barbie doch noch einen rosafarbenen Anzug schneidern.