Georges Kern: „Unsere Kunden sollen Breitling schmecken”
Sie haben Breitling in den letzten Jahren zu einer Generalisten-Marke ausgebaut. Wie würden Sie die Kunden beschreiben, die bei Ihnen einkaufen?
Wir haben die Marke neu positioniert und die Produktpalette komplett überarbeitet. Zuvor gab es zwei Gemeinschaften von Breitling-Fans: die Sammler historischer Modelle und die Flugbegeisterten. Sie waren komplett verschieden und hatten nichts gemeinsam, jetzt haben wir diese beiden Welten zusammengeführt. Heute hat sich unsere Kundschaft enorm verändert, wir haben zwei Drittel neue Kunden, darunter viele Millenials und Gen Z.
Während andere Marken ihre Stores schließen, expandiert Breitling immer weiter. Was machen Sie anders als die Konkurrenz?
Man kann es mit einem Autohersteller vergleichen: Wir haben einen SUV, wir haben ein Cabrio, wir haben eine Limousine. Wir wollen und können ein Generalist der Uhrenindustrie sein und heben uns dadurch von unserer Konkurrenz ab. Mit unserem Squad-Konzept differenzieren wir uns ebenfalls. Die Kampagne ist rein graphisch wiedererkennbar, da die meisten Marken mit einzelnen Personen arbeiten. Zudem sind wir in der Uhrenbranche ein Vorreiter in punkto Nachhaltigkeit. So haben wir letztes Jahr die erste vollständig rückverfolgbare Uhr eingeführt. D.h. das Gold und die Labordiamanten der Super Chronomat Origins sind entlang der Wertschöpfungskette von der Mine bis zum Handgelenk rückverfolgbar, die Stationen verifiziert und transparent auf dem NFT der Uhr ausgewiesen. Außerdem verwenden wir für unsere Uhren Verpackungen aus 100% recycelten Plastikflaschen.
Breitling steht für lässigen, inklusiven und nachhaltigen Luxus. Inwiefern spiegeln sich diese Werte in Ihren Boutiquen wider?
Unsere Boutiquen sind alle vom lässigen Industrie-Loft-Stil inspiriert und beheimaten unsere drei Welten „Luft“, „Land“ und „Meer“. Eine Breitling-Boutique unterscheidet sich von traditionellen Luxusmarken, sie ist lässiger und nahbarer. Mit dem Breitling Townhouse Hannam in Seoul – unserer bis dato größten Boutique – haben wir unser Konzept erweitert: das Townhouse umfasst eine Boutique, einen Museumskorridor, ein Café sowie die erste Breitling Kitchen. In Genf haben wir dieses Jahr unsere zweite Breitling Kitchen eröffnet, die direkt mit der Boutique verbunden ist.
Welches Erlebnis erwartet Kunden in einer Breitling-Boutique?
Wir wollen die coole Alternative zu den traditionellen Luxusuhrenmarken sein und dies sollen die Kunden auch in unseren Boutiquen spüren. Kunden können unsere Marke dort erleben – wir verkaufen nicht „nur“ Zeitmesser, sondern ein Lebensgefühl. Motorräder oder Surfboards sind nicht einfach Dekoration, sondern gehören zur DNA unsere Marke.
Im April haben Sie in Genf ein Restaurant eröffnet, die neue Breitling-Boutique in München beinhaltet eine Bar. Wieso setzen Sie neuerdings auf Gastronomie?
Wir heben unsere Werte auf das nächste Level, indem wir soziale Räume schaffen, in denen Kunden den lässigen, inklusiven und nachhaltigen Luxus erleben können, für den Breitling bekannt ist. Das Geschäft mit den Uhren läuft super, nun ist es Zeit für die nächste Stufe: Communities aufbauen, Marke fühlen, Breitling schmecken.
Wie werden Gäste, die in der Breitling Kitchen essen, zu Kunden?
Gäste der Breitling Kitchen kommen in einer ungezwungenen und lockeren Umgebung mit der Marke in Berührung. Das Erleben der Marke und die damit assoziierten Emotionen können sich zu einem späteren Zeitpunkt positiv auf den Entscheidungsprozess beim Kauf einer Luxus-Uhr auswirken.
Breitling konnte seinen Umsatz in Deutschland enorm steigern. Was macht den deutschen Markt so besonders und wie unterscheidet er sich von anderen Märkten?
Die Markenbekanntheit von Breitling ist in Deutschland sehr groß, was sicherlich zum Erfolg beiträgt. Hinzu kommt, dass wir mit unseren neuen Boutique-Konzepten neue Zielgruppen für uns gewinnen konnten. Über diese POS machen wir die Marke erlebbar, bieten unseren Kunden ein einzigartiges Markenerlebnis und lassen Sie in den Lifestyle von Breitling eintauchen. Ende des Jahres werden wir in Deutschland 10 Boutiquen haben. Anders als viele Mitbewerber setzen wir weiterhin auf den Einzelhandel und sind damit gerade in Deutschland sehr erfolgreich.
Sie führen über 250 Boutiquen und sind weiterhin im Fachhandel vertreten. Welchen Stellenwert hat E-Commerce für Sie?
Wir verfolgen eine Omni-Channel Strategie. E-Commerce ist ein wichtiger Kanal für uns, aber der Anteil der Verkäufe übers Internet ist auch begrenzt, z.B. lassen sich Uhren mit Lederbändern gut online kaufen, bei Metallbändern die individuell angepasst werden müssen, ist das schon schwieriger. Der Kaufimpuls wird mehrheitlich im Internet ausgelöst, der Kaufakt findet in den meisten Fällen im Laden statt. Stationärer Handel und E-Commerce ergänzen sich. Der Anteil der Kunden, die in unserem Onlineshop Luxusuhren kaufen, macht knapp 10 Prozent aus. Diesen wollen wir künftig steigern. Viel wichtiger für die Kundinnen und Kunden sind jedoch die stationären Geschäfte, weil wir ihnen dort das 360-Grad-Erlebnis anbieten können.
In einer digitalen Welt sehnen sich viele Kunden nach analogen Erfahrungen. Wie sieht Ihrer Meinung nach das Einkaufserlebnis der Zukunft aus?
Die große Mehrheit der Kunden wird sich nach wie vor eine Luxusuhr im Laden kaufen wollen. In einer zunehmend unsicheren, überdigitalisierten Welt fühlen wir uns durch menschliche Werte bestärkt und messen ihnen mehr Bedeutung bei. Menschen treffen sich im realen Leben und wollen Produkte entdecken, die zu ihnen passen. Gerade die junge Generation hat einen Hunger nach reellem Leben abseits der virtuellen Welt. Analoge Uhren sind das ultimative Anti-Metaverse und gerade deshalb gefragt. Luxus hat sich demokratisiert und davon profitieren wir.