Mercedes-Maybach GLS 600: Fit für die Wüste?

Wir fragen uns, was das natürliche Habitat eines Luxus-SUVs ist – und treiben einen Mercedes-Maybach GLS 600 über das Atlasgebirge in Marokko. Ein Abenteuer zwischen Stock, Stein und unerwarteten Fähigkeiten. 
Text Tim Gutke
Der Mercedes-Maybach GLS 600 meistert die kurvenreiche Strecke durch das Atlasgebirge souverän.

„Das kannst du doch nicht machen?!” Das war der erste Satz meiner Frau, als ich von der Idee sprach, einen Mercedes-Maybach GLS über das Atlasgebirge zu treiben. Meine Frau besitzt Basiswissen, was Autos betrifft. Aber sie spürt: Ein Maybach gehört da irgendwie nicht hin. Ich bin da einer anderen Meinung. Die DNA eines GLS hat ihn für jedes Terrain vorbereitet – ob Maybach oder nicht. Sicher, die Werte auf dem Papier sprechen nicht direkt für das Fahrzeug als erstes Mittel der Wahl. Mehr als 2,5 Tonnen schwer und über 190.000 Euro teuer. Bei dem Gedanken daran, die aufwendige Bicolor-Lackierung durch Dornenhecken zu ziehen und Sandstürmen und scheinbar endlosen Schotterpisten auszusetzen, bekomme ich eine Gänsehaut. Aber: Wenn er das nicht abkann, ist er nicht für die Boulevards dieser Welt als Alleskönner glaubhaft gerüstet. Also, anschnallen, los geht’s.

Luxuriöser Komfort für den Fahrer

Ob harter, trockener Boden oder pudrig gelber Sand: Der Luxus-SUV ist für jedes Terrain gewappnet. 

Die ersten Meter unserer 600 Kilometer langen Ausfahrt beginnen rollend. Der wuselige Verkehr in Marrakesch lässt nicht viel mehr als Schrittgeschwindigkeit zu. Doch unerwartet schnell wird die Bebauung luftig, die Behausungen barackenartiger – und dann ist sie da, die Weite. Wüste. Dornenbüsche. Hin und wieder kommen einem Roller entgegen. Das Thermometer des Maybachs zeigt 34 Grad an, jenseits den Scheiben ist es menschenfeindlich, im Inneren massieren die Sitze einem den frühen Anflug aus den Muskeln. Das Air-Balance-System füllt den Raum dezent mit Zitrone, Lavendel und Orange. Der Duft heißt Pacific Mood – doch das Meer ist weit weg.

Der Mercedes-Maybach GLS ist dort, wo er laut seiner DNA hinmöchte. Da, wo es auch mal dreckig wird. Die Assistenzsysteme arbeiten im Hintergrund für den Fahrer, während jeglicher erdenkliche Luxus einer vollends komfortablen Fahrt die Hauptaufgabe des Wagens ist. Alles klingt gut, sieht gut aus, fühlt sich gut an und riecht gut. Der Anstieg ins Atlasgebirge geschieht eher schleichend. Die Luft wird mit jedem Kilometer etwas dünner. Hier oben, auf 2200 Höhenmetern, schneit es im Winter, und die Pässe sind dann unbefahrbar. Die Landschaft ist außergewöhnlich, eine Weite, die man sonst nur aus den USA kennt. Den Maybach beeindruckt das nicht, souverän meistert er die kurvenreiche Strecke, konzentriert auf seine Aufgaben.

e-Active Body Control lässt den SUV hüpfen

Am zweiten Tag erreichen wir die Dünenlandschaft nah an der algerischen Grenze. Der harte, trockene Boden weicht einem lockeren, pudrigen gelben Sand, der so fein ist, das er einem bis in die Unterhose rieselt. Und: Er verschluckt Autos, wenn sie nicht geschickt pilotiert werden. Fast beiläufig habe ich den Mercedes-Maybach GLS mit seinen 579 PS bis zum Bodenblech eingegraben. Stillstand. Künstlerpech. Und für gewöhnlich ein echtes Problem. Doch die Mercedes-Ingenieure haben eine Antwort. Sie lautet: e-Active Body Control. Per Knopfdruck springt der Wagen selbstständig aus dem Sand. Klingt seltsam, ist aber überaus effektiv. Ein Feature, das nicht nur in der Wüste, sondern auf jedem Boulevard der Welt Eindruck macht.