Lamborghini Miura: Ein begehrtes Sammlerobjekt

Mai 1966, Vorabend des Grand Prix: Ferruccio Lamborghini höchstselbst fährt mit dem Prototyp des Lamborghini Miura vor dem Casino von Monte-Carlo vor. Keiner  wird je das Röhren der V12-Maschine vergessen.
Text Robert Ross
Lamborghini Miura

Vorgestellt wurde der Lamborghini Miura bereits zwei Monate zuvor auf dem Genfer Autosalon. Und auch dort war er eine Sensation: Eine atemberaubend schöne Karosserie über einer modifizierten Version des originalen Lamborghini V12 Triebwerks. Für dessen Entwicklung konnte Lamborghini den ehemaligen Ferrari Ingenieur Giotto Bizzarrini gewinnen. 

Über dem direkt hinter den Sitzen quer eingebauten Mittelmotor liegen vier Weber-Vergaser. Die 4 Liter Maschine mit vier Nockenwellen erzeugt einen ganz besonderen Sound, eine Mischung aus Mechanik und Verpuffung, laut röhrend und doch mit einem Schmelz, der so ganz anders ist als das kratzige Heulen eines Ferrari. Dieser Sound zeigt: Lamborghini ist für Großes bestimmt.

Sinnliche Karosserie beim Miura

Das Chassis, das bereits Anfang 1965 beim Salon d’Automobili in Turin präsentiert worden war, stammte von den hauseigenen Ingenieuren Giampaolo Dallara und Paolo Stanzani. Deren klares Statement: Ohne Mittelmotor geht für einen Sportwagen gar nichts. Die sinnliche Karosserie Skulptur entstand bei dem berühmten Nuccio Bertone nach Entwürfen des jungen Marcello Gandini, der später auch den Countach für Lamborghini designen sollte.

Seinen Namen hat der Sportwagen von Don Eduardo Miura, spanischer Kampfstierzüchter und Freund von Ferruccio Lamborghini. Zwischen 1966 und 1973 entstanden drei Generationen des legendären Fahrzeugs. Miura-Fans können die zahllosen minimalen Änderungen in der Evolution ihres Lieblingswagens auswendig herunterbeten. Für jeden normalen Menschen ist es kaum möglich, die drei Generationen noch auseinanderzuhalten.

Unstrittig ist, dass zwischen 1966 (nur zwei Autos) und 1973 (nur ein Miura wurde gebaut) 763 Miuras gebaut wurden. 275 Exemplare des P400 Original-Miura ("P" steht für Posteriore/hinten und 400 für vier Liter) entstanden zwischen 1966 und 1969, und etwa 338 Exemplare des P400S wurden zwischen Dezember 1968 und März 1971 gebaut. Die "S"-Version mit vielen Detailänderungen erkennt man außen gut an den Chrom Scheibenrahmen. Innen hat er zehn PS mehr als die 350 PS eines perfekt getunten P400. Abschluss und Höhepunkt der Serie ist der P400SV, von dem zwischen 1971 und 1973 etwa 150 Stück gebaut wurden. 

Lamborghini Miura

Miura: Trennung von Motor und Getriebe

Abgesehen von dem noch stärkeren 380 PS Motor wurden in den letzten 96 SVs Motor und Getriebe aus getrennten Ölwannen geschmiert. Durch die Trennung von Motor und Getriebe konnte Öl, das mit Metallteilchen aus der kantigen Schaltung verschmutzt war, das Innenleben der Maschine nicht beeinträchtigen. Bei dem SV hatten die Designer den Radstand erweitert und das Heck ausgestellt, damit die 9 Zoll Hinterreifen drunterpassten. Am wichtigsten jedoch war die neu gestaltete Hinterradaufhängung, die das Handling verbesserte. Die Rücklichter des SV waren größer als bei den Vorgängern und die „Wimpern“ an den versenkbaren Scheinwerfern hatte man entsorgt.

LP500 Countach verdrängte den Miura

Gerade als der junge Dallara, Stanzani und Bob Wallace (Testfahrer und Entwicklungsingenieur bei Lamborghini) den Miura SV zu einem Weltklasse Sportwagen formten, der mehr konnte als animalische Kraft und Schönheit, nämlich beeindruckende Fahreigenschaften und beste Manieren, ließ Bertone seinen Prototypen des LP500 Countach von der Leine, eine weitere brillante Arbeit von Gandini. Der Miura war von einem auf den andern Tag Geschichte. Im Rückblick erkannten die drei, dass der Miura noch enormes Potenzial hatte – technisch und wirtschaftlich, aber Lamborghinis Ruf als Architekt der Zukunft der Supercars verlangte sofort ein noch radikaleres Design.

Seit der letzte Miura seine Geburtsstätte verlassen hat, erlebte er dennoch eine Verwandlung: Aus einer störrischen Verirrung der Automobilgeschichte ist er zu einem begehrten Sammlerstück geworden. Puristen lieben die Ästhetik der Vorgänger des SV, Investoren dagegen lieben das Preisschild an einem Original– oder gut restaurierten SV. Für einen mitgenommenen P400 muss man ca. 600.000 Euro hinlegen, ein perfekter SV kann über 2,5 Millionen Euro kosten.

Autos