Bernd Körber: „Ich mag den Begriff Luxus nicht”

Skytop wird nicht die letzte Kleinserie bei BMW bleiben, das ist das Ziel von Bernd Körber, der jüngst die Markenführung übernahm. Was er an Luxus nicht mag und welche Pläne er für die Zukunft hat.
Text Gloria von Bronewski

Enthusiastisch gestimmt von den Neuheiten, die auf der Technikmesse CES in Las Vegas präsentiert wurden, trotzt Bernd Körber seinem Jetlag und begrüßt uns um 8 Uhr morgens in der BMW Classic in München. In der ehemaligen Flugmotorenhalle sprechen wir zwischen Fahrzeugen wie etwa einem BMW 1500, Mr. Beans Original-Mini und dem Rekordmotorrad BMW WR 750 über die Zukunft. Ob der Skytop auch einmal zu einem wegweisenden Ausstellungsstück wird? Gut möglich. Denn er ist der Beginn einer neuen Ära.

Herr Körber, warum ist die Entscheidung für eine Kleinserie auf das Concept Car Skytop gefallen?

Die Idee der Kleinserie gab es schon länger, aber die Entscheidung, den Skytop umzusetzen, fiel innerhalb von Wochen. Das Feedback nach der Präsentation auf der Villa d’Este war so überwältigend, es gab sofort E-Mails, Anrufe, Briefe. Es war eine schöne Mischung aus loyalen BMW-Fans und Menschen, die vorher nie einen BMW hatten, aber nun vom Design überzeugt wurden. Das Verhältnis war 50 zu 50. 

Wäre es denn überhaupt möglich gewesen, einen Skytop zu bekommen, wenn man nicht schon lang Teil einer bestimmten Klientel oder Datenbank von BMW war?

Wenn man schnell war, ja. Geschwindigkeit zählte und wir wollten es honorieren, wenn jemand am Tag der Präsentation spontan gesagt hat: Ich will einen. Es war keine vorgefertigte Liste. Es war ein faires Rennen.

Wessen Telefonnummer hätte man bei Interesse gebraucht?

Wir hatten keine zentrale Hotline. Unsere Regionalleiter in den Märkten haben eine große Rolle gespielt. So kam die Liste der 50 Käufer zusammen, die wir uns im Anschluss genau angesehen und mit denen wir Gespräche geführt haben. Wer ist das? Was ist ihr Hintergrund? Dabei waren alle Kontinente vertreten. Deutschland, Japan, China, USA und der Mittlere Osten. Die Liebe zum Design ist über den Erdball gleich verteilt.

Abgesehen vom nötigen Kapital, welche Eigenschaften eint die Käuferschaft?

Es sind designverliebte Menschen mit einem Sinn für Exklusivität. Sie sind smart, denn solch ein limitiertes Fahrzeug ist eine interessante Geldanlage mit Wertsteigerung. Es ist eine schöne Kombination aus Leidenschaft und einer gesunden Dosis an Ratio. 

Wenn ein Auto in einem Preissegment von etwa 500k liegt, könnte man Bedenken haben, dass es zum Spekulationsobjekt wird.

Nach einer Mindesthaltedauer von ein paar Monaten steht das den Leuten frei. Die meisten sind aber Sammler, die an dem Fahrzeug festhalten werden. Die Minderheit sind diejenigen, die es sofort wieder veräußern oder das „schnelle Geld“ machen wollen.

Im Jahr 2023 hat BMW 2,6 Millionen Fahrzeuge gebaut. Wo liegt die Herausforderung, eine Kleinserie im Manufakturcharakter herzustellen?

Man benötigt Leute im Unternehmen, die von der Idee überzeugt sind und sich dafür einsetzen. Die grundsätzliche Kompetenz ist da, wenn BMW weiß, was BMW kann. Wir können Digitalisierung, wir können Manufaktur, wir haben ein tolles Partnernetzwerk. Man muss nichts aufbauen, nur zusammenführen.

Mit der Kleinserie wagt BMW große Schritte in Richtung Luxus, wobei die Marke bisher vor allem mit Schlagworten wie Performance verbunden war. Wie wird die Zukunft aussehen?

Wir haben uns vorgenommen, die Marke in zwei Richtungen zu entwickeln. Zum einen werden wir Digitalisierung und Innovation vorantreiben und zum anderen steht Refinement im Vordergrund. Ich mag den Begriff Luxus nicht, da er nicht aussagt, was wir wollen. Refinement heißt, du nimmst etwas und machst es besonders. Du veredelst es. Mehr Individualisierung, mehr Top-End-Fahrzeuge, mehr Kleinserien. Auch den Skytop könnte man individualisieren, wenn man das nötige Geld mitbrächte.

Der Skytop ist ein Verbrenner, mit einem 4,4-Liter-Motor und 625 PS. Wird es in Zukunft auch Kleinserien mit anderen Antrieben geben?

Alles ist möglich. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, technologieoffen zu sein. Insofern wäre es komisch, wenn wir das einschränken würden. Bei einer Kleinserie zählt die Geschichte dahinter. Wenn es diese gibt, die mit einem anderen Antrieb einhergeht, warum nicht?

Besonders in Krisenzeiten erlebt Nostalgie einen Aufwind. Der Skytop ist von legendären Modellen wie dem 507 und Z8 inspiriert. Inwiefern spielt die Vergangenheit eine Rolle bei der Entwicklung?

Ein Blick zurück ist auch immer ein Blick nach vorne. Wenn man das Design des Skytops in fünf Jahren Revue passieren lässt, wird man bestimmte Elemente davon auch in anderen Fahrzeugen sehen, weil Concept-Fahrzeuge und Kleinserien die Grenzen erweitern und die Fantasie wecken für das, was möglich ist. In diesen Zeiten, in denen Social Media oder künstliche Intelligenz immer wichtiger werden, wird das Alte, das Haptische, ebenso wichtig bleiben. Das wird immer beidhändig funktionieren. Es sind lediglich weitere Tools, die man nutzen muss. Mit jeder Neuerung bleibt ein Teil der Vergangenheit erhalten. Ein Gespräch, die Umgebung, ein Lebensgefühl, das kann man nicht ersetzen. Der Skytop hat auf der Villa d’Este Leute vor Ort in seinen Bann gezogen, und auch in der BMW Welt konnten wir im vergangenen Jahr 2,4 Millionen Besucher verzeichnen. Das sagt alles, meiner Meinung nach.

Als Zweisitzer folgt der Skytop seinen Vorgängern als klassischer Roadster, die Familie muss zu Hause bleiben. Ist Luxus immer auch ein egoistisches Vergnügen?

Egoismus ist nicht das Hauptmotiv, das ich mit Luxus verbinden würde. Wer so ein Auto besitzt, ist begeistert und möchte diese Begeisterung teilen. Bei den Deutschen kommt da schnell die Neidkultur ins Spiel, das ist immer schade. Aber ich beobachte ein faszinierendes Phänomen, was auf Kleinserien sowie auf Klassikfahrzeuge zutrifft. Du hast Leute, die eigentlich Fahrzeugen durchaus kritisch gegenüberstehen, aber sie sind überraschenderweise total begeistert von Oldtimern, etwa von der Isetta oder auch von dem Design des Skytop. Aber das, was die Leute am Ende überzeugt, ist die Begeisterung für solche individuellen Konzepte.