Smarter Weinkeller
Die Weinsammlung der Hospiz Alm eilt ihrem Ruf voraus: Im Weinkeller des preisgekrönten Restaurants am Arlberg lagern über 7.000 besondere Magnumflaschen, die der Eigentümer Adi Werner über mehrere Jahrzehnte strategisch aufgebaut hat. Heute gilt sie als beeindruckendste Bordeaux-Sammlung der Alpen und kann im kürzlich eröffneten „Wine Dome“ von Weinliebhabern bei einer privaten Verkostung bestaunt werden. Bei Sammlungen in dieser Größenordnung kann man als Besitzer schnell den Überblick verlieren. Damit das nicht passiert, arbeiten Start-ups an intelligenten Lösungen.
Die Idee: Der Blick in den Weinkeller könnte in Sekundenschnelle an jedem beliebigen Ort erfolgen – egal, ob man zwischen zwei Wohnsitzen pendelt oder gerade das neue Büro in Übersee einweiht. Das geht, zumindest digital: Das New Yorker Start-up Baxus bietet genau das an. Die wertvollen Flaschen sind dann weltweit immer nur ein paar Klicks entfernt. Denn Baxus lagert die Lieblingsweine zwar physisch in temperaturgeregelten Tresoren ein, erstellt aber gleichzeitig virtuelle Gegenstücke fürs Metaversum.
Auf einem NFT-fähigen digitalen Bilderrahmen von Baxus’ Partner Metasill – oder per Smartphone und Web- App – kann man so hochdetaillierte 3-D-Bilder der eigenen Sammlung jederzeit bewundern. „Wir scannen jede Flasche einzeln, Sie sehen da keine Renderings oder Cartoonbildchen“, verspricht Baxus-Mitbegründer Todd Wiesel. Gleichzeitig zertifizieren die selbst erstellten NFTs mehr als nur die Echtheit des Weins; per Blockchain wird für jede Flasche auch die komplette, nicht zu hackende Historie der Lagerbedingungen dokumentiert.
Baxus ist nur eines der Unternehmen, die jetzt den Markt für intelligente Weinkeller erschließen. Analysten glauben, dass der Sektor in den kommenden fünf Jahren bis auf einen Wert von über einer Milliarde Euro anwachsen wird. Auch für Weinliebhaber, die den schnellen physischen Zugriff auf ihre Sammlung schätzen, entstehen intelligente Lösungen, etwa Gadgets wie Winesor oder Sensorist, die die Lagerbedingungen im privaten Weinkeller überwachen.
Per Smartphone-App können so in Echtzeit die Luftfeuchtigkeit und Temperatur kontrolliert werden. „Früher bin ich einmal pro Woche in den Keller gegangen, habe Messdaten vom Thermometer in eine Excel-Tabelle übertragen“, sagt Sensorist-Erfinder Kasper Mejlgaard. „Irgendwann dachte ich mir: Das muss doch auch besser gehen!“ Und es ging besser.
Die Messsonde von Sensorist (ab etwa 250 Euro) wird einfach wie ein Korken auf eine mit Wasser gefüllte Weinflasche gesteckt, die Flasche dann zwischen die Weine ins Regal gelegt. So liefert der Sensor verlässliche Daten über den Zustand der Sammlung. Eine perfekte Ergänzung wäre hierzu das Kelvin K2 Smart Wine Thermometer (etwa 40 Euro), das wie ein Band um eine gerade aus dem Kühlschrank entnommene Flasche gelegt wird. Sobald sich der Wein auf die optimale Trinktemperatur erwärmt hat, wird man per App benachrichtigt.
Noch umfassender ist die Lösung, die das französische Unternehmen Frio mit seinem intelligenten Weinkühlschrank LaSommelière ECellar185 bietet. „Bei umfangreichen Sammlungen wissen wir doch oft gar nicht mehr genau, welche Weine da noch im Keller oder Schrank lagern“, sagt Didier Grychta, der CEO von Frio. Sein 185 Flaschen fassender ECellar185 (ab 3.300 Euro) liefert Echtzeit-Updates zu jeder Flasche, die hineingestellt wird. Wie bei Baxus hat man also auch hier einen digitalen Überblick über die komplette Sammlung – und dazu die Möglichkeit, den Wein der Wahl spontan und immer perfekt zu entkorken.