Klimawandel: Die wichtigsten Strategien für Weinsammler

Ein sich veränderndes Klima stellt alte Weinweisheiten infrage. Doch mit diesen Strategien sehen Sammler nicht nur Risiken – sondern auch Chancen.
Text Brian Freedman

Beim Weinanbau gilt die Erkenntnis, dass nicht global warming, Erderwärmung, das Problem ist, sondern global weirding – also ein unberechenbares Klima, das weltweit verrücktspielt. Fotos französischer Weinberge aus dem April 2021 bestätigen diese Einschätzung. Zwischen Chablis und Jura herrschte damals statt Frühling auf einmal wieder Frost. Die Versuche der Weinbauern, ihre Reben mit offenen Flammen in Feuerkörben vor der Kälte zu schützen, ergaben Anblicke von verstörender Schönheit. Doch nicht nur für die Winzer wird der Klimawandel zur Herausforderung, sondern auch für passionierte Sammler. Altes, traditionelles Wissen über Anbaugebiete, Böden und Wetterbedingungen könnte bald obsolet sein. Wer weiter mit Erfolg und Freude sammeln will, sollte deshalb auf diese drei Strategien setzen.

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Keinem Hype hinterherlaufen

Gewiss, der Klimawandel lässt sich nicht mehr leugnen. Doch welche Konsequenzen er ganz konkret für die Weinwelt hat, das wird sich teils erst in Jahrzehnten zeigen. Ein Beispiel: Die französische 2003er-Lese wurde ursprünglich hoch gehypt – als Resultat einer extremen Hitzewelle entstand damals ein sehr reifer Jahrgang. Die folgende 2004er-Lese schien im Vergleich stark abzufallen. Sammler schmähten sie als minderwertig. Dabei hatte sich das Wetter einfach nur wieder normalisiert. Wer die beiden Jahrgänge heute vergleicht, wird feststellen, dass viele 2003er zwar tatsächlich vorzüglich sind, aber auch die 2004er haben sich wunderbar entwickelt. Und beim Preis-Leistungs-Verhältnis, das neben der Qualität eben auch die Kosten berücksichtigt, liegt der 2004er dann deutlich vorn. Die Lektion: keinem Hype hinterherlaufen. Legen Sie lieber eine Sammlung an, die eine gewisse Breite von Jahrgängen und Weinstilen abbildet.

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Langfristige Veränderungen erkennen

Weinregionen und -sorten, die bisher wenig Beachtung finden, werden möglicherweise vom Klimawandel profitieren. Schon heute lohnt es, den Markt jenseits der renommierten Regionen im Blick zu haben. So kommen aus Süd- und Südostengland bereits wunderbar aufregende Schaumweine. Ihr Terroir ist von Natur aus günstig, die gestiegenen Temperaturen geben den Trauben jetzt die nötige Reife. Und: Gewiss, viele Weinweisheiten werden ihre Gültigkeit erst einmal behalten. Das Napa Valley beispielsweise wird weiterhin einen erstklassigen Cabernet Sauvignon hervorbringen. Doch wer genau hinschaut, erkennt auch hier schon einen Wandel: Statt auf die früher gefragten wärmeren Tallagen konzentrieren sich die Napa-Winzer zunehmend auf Berg- und Hanglagen. Deren kühleres Klima gibt den Trauben mehr Zeit zum Reifen – und den Weinen eine größere Komplexität. Manche Veränderungen, die der Klimawandel anschiebt, sind also durchaus absehbar.

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Auf smarte Produzenten setzen

Biologisch bewirtschaftete Weinberge sind in Zeiten des Klimawandels besonders resilient – etwa weil die Reben tiefere Wurzeln schlagen. Sie schonen auch die Gesundheit der Menschen, die hier arbeiten. Nicht zuletzt bringen die hier wachsenden Weine die Essenz des Bodens besser zum Ausdruck. Beim Sammeln auf biologisch angebauten Wein zu setzen ist also keine Glaubenssache – sondern eine Frage des guten Geschmacks. Diese Erkenntnis ist regionenübergreifend.