Axel Meise: „Das falsche Licht kann die tollste Einrichtung zerstören”

Schon als Teenager bastelte sich Axel Meise ein Lichtkonzept fürs Jugendzimmer. Heute ist er mit seinem Unternehmen Occhio ein weltweit gefragter Designer, wenn es um Beleuchtung geht. 
Text Detlef Dreßlein
Axel Meise findet: So wie ein gutes Foto dem Gesicht durch Licht und Schatten Konturen verleiht, sollte man auch einen Raum inszenieren.

Wenn Kinder voller ernsthafter Begeisterung mitteilen, was sie mal werden wollen, dann wird dies von Tanten und Omas meist gütig belächelt. Als Erwachsener weiß man ja um die Umwege des Lebens und dass es eher doch nichts wird mit Astronaut, Profi-Fußballer oder Superheld. Realistischer erscheinen Tierarzt oder Feuerwehrmann, aber auch das ändert sich bei Acht- oder auch 15-Jährigen ja manchmal täglich. Was im Hause Meise in Düsseldorf wohl gedacht wurde, als sich der Junior mit Licht und Lampen befasste, dies auch zu seinem Traumberuf ausrief, das lässt sich nicht mehr rekonstruieren. 15 Jahre war Axel Meise alt, hatte eine Wohnung im Haus seiner Eltern, aber deren Lichtkonzept (vermutlich ein paar 40-Watt-Birnen in scheußlichen Baumarktlüstern) gefiel ihm gar nicht. Zu einem guten Lebensgefühl gehört eine schöne Lichtstimmung. Auch wenn man 15 ist.

Axel Meise will mit Licht Ambiente schaffen

Die Occhio-Leuchten (hier Mito sospeso, ab 2780 Euro) lassen sich per Gestensteuerung einschalten und regulieren.

Axel Meise jedenfalls wusste immer, was er mal beruflich machen will. Und er weiß es bis heute, in seinem nunmehr 62. Lebensjahr. In dem er längst Gründer und Mehrheitsgesellschafter von Occhio geworden ist, dem wohl spannendsten Hersteller von Beleuchtung in Deutschland. „Mit dem falschen Licht kann ich die tollste Einrichtung oder Architektur zerstören“, sagt er. Oder andersrum: „Mit dem richtigen Licht kann man so viel rausholen.“ Nicht einfach Räume beleuchten, er will Ambiente schaffen. Für Behaglichkeit oder Konzentration, denn künstliches Licht ist eine Kunst. 

Oder grenzt an Wissenschaft: „Wie ich es einsetze, wo ich es platziere, wie ich es ausrichte. Da macht der Abstand zur Wand um ein paar Zentimeter einen Unterschied“, sagt er. Wer sein Haus, sein Büro, seine Yacht stimmungsvoll ausleuchten will, der sollte auf den Fachmann hören, auf Fachmann Meise etwa: „Auf jeden Fall Hell-dunkel-Zonen schaffen. Das Schlimmste ist, wenn alles gleichmäßig beleuchtet wird.“ Dazu kommt das puristische und zeitlos-edle Design der Occhio-Leuchten. Sie bereichern den Raum, auch wenn sie nichts zu tun haben.

Occhio hat mittlerweile 250 Mitarbeiter

Occhio setzt auf Hell-Dunkel-Zonen. Hier mit der Sento lettura (ab 1640 Euro) und der Mito soffitto (ab 900 Euro, an der Decke).

Meise treibt die Lust an der Verbesserung, des Status quo, des technisch Machbaren, es ist ein Immer-Weitermachen, obwohl der optimale Zustand vielleicht schon erreicht ist. Aber wer weiß schon, ob das so ist? Er erwähnt immer wieder Apple und deren Disruption von vor 17 Jahren. „Wir waren doch alle zufrieden mit unseren Nokias und Blackberrys. Dann kam das iPhone, und alles war anders“, sagt er. Genauso sei es jahrzehntelang mit dem Thema Licht gewesen: „Einen Schalter suchen, aufstehen, das war vollkommen normal. Bis man dann plötzlich merkt: Es geht auch mit Gestensteuerung. Oder mit Bluetooth.“

Will heißen: Bei Occhio schaltet und reguliert man natürlich exakt so. Und wenn der Slogan nicht schon durch Apple belegt wäre, Meise würde ihn nehmen: „Think different – das würde gut zu uns passen.“ 1999 in München gegründet, hat Occhio mittlerweile 250 Mitarbeiter, Niederlassungen unter anderem in Mailand, London und Shanghai. Vor zwei Jahren bezog man neue Räumlichkeiten in München, wo man in der Brienner Straße bereits einen 300-Quadratmeter-Flagship-Store unterhält: das Occhio XPC, das Experience Center. An sehr prominenter Adresse, direkt am Lenbachplatz – insgesamt 2000 Quadratmeter nur für Beleuchtung. Genutzt wird es als Eventfläche und für Schulungen.

Occhio-Leuchten imitieren Sonnenlicht

Bei der Bogenleuchte Mito largo (ab 6980 Euro) lässt sich die Lichttemperatur individuell verändern.

Fast scheint es, als sei Axel Meise noch selbst beeindruckt von dessen schlanker Opulenz, und er fügt hinzu, dass ein großer Teil dieser Fläche aus dunklem Souterrain bestehe. Was der Vermieter womöglich nicht ahnte: Für Meise sind solche sonnenlichtlosen Räume ein Glücksfall, denn hier kann er zeigen, was er kann. Zu Meises Lieblingsbegriffen zählt CRI (Color Rendering Index), was Farbwiedergabe bedeutet. Sonnenlicht hat den Wert 100. Occhio erreiche mit seinen Leuchten 97. Dazu kommt als zweiter Faktor: Blendung. Respektive deren Vermeidung. Das gelingt, weil man Linsen verwendet (deswegen auch Occhio, das italienische Wort für Auge), denn damit lässt sich das Licht ausrichten. 

Meise nennt als Beispiel wieder das Sonnenlicht, das auch extrem hell, aber eben gerichtet sei – und deshalb angenehm. „Aber wenn die Wolke kommt, wird es diffus, ohne Schatten.“ Ein Vierteljahrhundert gibt es Occhio nun bereits. Weil Meise ja früh loslegte, konsequent als Student weitermachte und seine erste Firma gründete, die Axel Meise Licht GmbH. Dabei war er ursprünglich nach München gekommen, um an der TU ein Studium zu beginnen – Maschinenbau. „Das habe ich, wie jeder vernünftige Unternehmer, abgebrochen und mich selbstständig gemacht“, sagt er und lacht. Allerdings helfe ihm das technische Grundverständnis heute enorm.

Der Erfolg begann mit der Puro-Leuchte

Auch das gehört zum Erfolg: Niederlagen. Wobei man oft erst hinterher weiß, welche davon eine gute Lektion ist und welche eher ein Signal zum Aufhören bedeutet. Denn es ging abwärts mit der ersten Firma, Meise musste verkaufen und in einem Beleuchtungshaus arbeiten. Das könnte das Ende der Geschichte sein, für ihn aber war es genau der richtige Umweg. Denn im Einzelhandel hatte er viel mit Menschen zu tun, erfuhr, was diese sich wünschen oder was sie an einem Produkt oder einer Idee nervt. 

Und er merkte auch, dass es keine einheitlichen Lichtsysteme gab. Mit dieser Erfahrung entwickelt er zusammen mit Christoph Kügler 1998 die Leuchte Puro, ein Jahr später gründet er Occhio. Der Rest ist eine Erfolgsgeschichte. Man merkt ihm die reine Freude an, wenn er von Licht und Beleuchtung spricht, darüber, dass ihm Leute danken für seine Produkte oder dass er manchmal abends spazieren geht und anhand des Lichtscheins auf dem Bürgersteig erkennen kann: In diesem Haus leuchtet Occhio.