Luxusmarken erobern den Immobilienmarkt
Die Epoche der Markenresidenzen begann vor fast 100 Jahren: Als weltweit erstes Exemplar seiner Art eröffnete 1927 das Apartmenthotel The Sherry-Netherland an der Fifth Avenue in New York. Seinen Namen hatte es vom Sherry’s, einem beliebten Restaurant, geerbt. Mit einem gotischen Minarett, einer an die Vatikanbibliothek erinnernden Lobby und eleganten Apartments, die sich über je eines der 14 oberen Stockwerke zogen, setzte es schon damals ein Ausrufezeichen auf dem Markt für Luxusimmobilien. Der spektakuläre Boom, den Markenresidenzen aktuell erleben, ist aber historisch einmalig: In den letzten zehn Jahren hat der Sektor einen 150-prozentigen Zuwachs verzeichnet; bis 2027 prognostiziert die Londoner Maklerfirma Savills eine weitere Verdoppelung.
Der Markt mit Residenzimmobilien boomt
Der Immobilienentwickler und -berater WATG Strategy zählt heute weltweit mehr als 700 Markenimmobilien mit mehr als 100.000 Wohnungen. Viele davon sind bereits bezogen, andere noch in Bau oder Planung. Käufer finden sich an etablierten Standorten wie New York, Miami, London oder Dubai – und in Schwellenländern wie Oman, Polen und Guyana. Stark gewachsen ist zuletzt auch die Bandbreite der Marken, die im Immobiliensektor vertreten sind. Zu den Hotelgesellschaften, die das Konzept einst etabliert hatten, gesellen sich nun Armani, Roberto Cavalli, Fendi und Bulgari, genauso wie Porsche, Bentley und Aston Martin. „Die Leute sind ganz scharf darauf, in Häusern mit entsprechendem Branding zu wohnen. Das ist ein Statussymbol, ein Trophäenkauf“, sagt Chris Graham, Gründer von Graham Associates, einem führenden Beratungsunternehmen für die Branche.
Bei ihren Residenzprojekten kooperieren die Luxuslabels mit renommierten Immobilienentwicklern. Eine Win-win-Partnerschaft: Der richtige Markenname kann den Verkehrswert eines Objekts um mehr als 30 Prozent erhöhen. „Und die Objekte lassen sich so nicht nur teurer, sondern auch deutlich schneller verkaufen“, sagt Edgardo Defortuna, CEO der in Miami ansässigen Fortune International Group, die Immobilien mit Ritz-Carlton, St. Regis und Auberge entwickelt hat. Damit die Rechnung aufgeht, braucht es aber mehr als ein bekanntes Logo auf dem Verkaufsprospekt. Was zählt, sind überzeugende Konzepte.
Exklusive Hotelketten planen Wohneinheiten
Bis heute prägen große Hotelketten den Markt für Brand-Residenzen. Kein Wunder: Letztlich sind Residenzapartments doch nichts anderes als Hotelsuiten zur Dauernutzung. Manche Hoteliers drängen sogar jetzt erst auf den Markt. So eröffnet Peninsula noch in diesem Jahr die Peninsula Residences London – ein Penthouse ging hier angeblich für eine dreistellige Millionensumme an den US-Hedgefonds-Mogul Ken Griffin. Die eher kleine Hotelmarke Aman meldete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 2,2 Milliarden Euro mit Markenresidenzen. Neil Jacobs, CEO von Six Senses, erklärt, dass etwa 50 Prozent der neuen Häuser seiner Marke eine Wohnungskomponente bieten. „Bei hohen Grundstückskosten helfen Wohnungen neben dem Hotel, die finanzielle Durchführbarkeit des Projekts zu gewährleisten“, sagt er. Auch Mandarin Oriental entdeckt den Markt, hat in Tel Aviv und Barcelona zum ersten Mal reine Wohnimmobilien eröffnet.
Rob Sykes von WATG warnt davor, dass die Umstellung einer Hotelmarke auf Residenzen ohne Hotelkomponente riskant werden könne: Fünf-Sterne-Komfort und -Services müssten bei solchen Projekten exklusiv den Bewohnern zur Verfügung gestellt werden; das könne die Betriebskosten in die Höhe treiben. Für Newcomer aus anderen Branchen sind Residenzimmobilien eine noch größere Herausforderung. Bei Namen ohne Bezug zur traditionellen Hotelbranche stelle sich die Frage, „wer letztendlich dafür garantiert, dass das Objekt und die Services wirklich bereitgestellt werden“, sagt Liam Bailey von der Immobilienberatungsgesellschaft Knight Frank.
Dubai als Zentrum für Markenresidenzen
Dubai ist inzwischen das weltweite Zentrum für Markenresidenzen. 71 Projekte gibt es schon im Emirat, weitere 42 entstehen gerade. Namen wie Four Seasons, Bulgari, Lamborghini und Ritz-Carlton prägen den Markt in der Metropole am Persischen Golf. Laut Morgan’s International Realty zahlen Käufer hier einen Zuschlag von 37 Prozent für Residenzen mit Branding. Den spektakulären Auftakt hatte 2010 das Armani-Hotel mit seinen 144 Apartments im Burj Khalifa gegeben. Seitdem hat sich das italienische Modelabel auch in London, Peking, Istanbul, Mumbai, Manila und Tel Aviv etabliert.
Auch Bulgari hat in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes Portfolio entwickelt. Dazu zählen zwei Projekte in Jumeirah Bay, einem der begehrtesten Bezirke Dubais. Das erste, das 2017 eröffnete Bulgari Resort and Residences, verfügt über 173 Apartments mit Meerblick; vergangenes Jahr soll hier eine Einheit für mehr als elf Millionen Euro verkauft worden sein. Für Expats vermitteln Marken, die sie aus ihrer Heimat kennen, ein Stück weit Sicherheit und Vertrauen – beim Schuh- und Schmuckshopping genauso wie beim Wohnungskauf. „Markenwohnungen bieten den Käufern eine Art Garantie“, sagt Niall McLoughlin, Senior Vice President für Marketing und Unternehmenskommunikation bei Damac. Der Immobiliengigant aus Dubai hat Luxuswohnprojekte mit Versace und Fendi entwickelt, plant nun ein Projekt mit Mandarin Oriental, das 2025 fertiggestellt werden soll.
Aston Martin und Bentley bauen in Miami
Auch in Miami – der Stadt, die von Savills als weltweit zweitstärkster Standort für Markenimmobilien gerankt wird – mischen Labels aus vielen Sparten der Luxusbranche im Residenzbusiness mit. Besondere Ausrufezeichen setzen hier die Kooperationen, an denen exklusive Automobilmarken beteiligt sind, etwa die Bentley Residences, die Aston Martin Residences und der Porsche Design Tower, dessen futuristischer Aufzug Autos gemeinsam mit ihren Besitzern bis hinauf in die Wohnungen bringt. Mit seinem segelschiffförmigen Hochhaus feiert Aston Martin ein spektakuläres Debüt auf dem Markt für Residenzimmobilien. „Wir werten die Marke weiter auf, wachsen in neue Bereiche der Luxuswelt hinein. Wir wollen alte und neue Kunden ansprechen.“, sagt Cathal Loughnane, Direktor von Aston Martin Partnerships.
Bentley zielt mit seinem ersten Residenzprojekt, dessen Eröffnung für 2026 geplant ist, vor allem auf Letztere ab. „Ab dem Jahr 2030 werden wir nur noch Elektroautos verkaufen“, erklärt Alain Fevey, Vorstandsmitglied für Vertrieb und Marketing. „Damit müssen wir eine neue Schicht von Käufern ansprechen – progressiv denkende Menschen, die sich für Nachhaltigkeit interessieren, auch wenn sie keine traditionellen Bentley-Besitzer sind. Solche Leute begeistern sich vielleicht nicht unbedingt für Autos, aber sie haben eine Leidenschaft für Immobilien, Architektur und Design. Durch Projekte in diesem Bereich zeigen wir, dass sich die Marke weiterentwickelt.“